Wortorientiertes Lesen: Projektbeschreibung

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(Text in Arbeit)

 

Der Differenzwortschatz aus den Schriften unserer Klassiker bedingt eine Erläuterung für heutige Leser, um dann diese Texte angemessen verstehen zu können. Allerdings ist der Sprachunterschied nicht so groß wie z.B. zum Althochdeutschen (etwa ahd. arougnissi ‘ das zu Sehende, Ereignis’) oder zu einer Fremdsprache. Differenz heißt ja: Verstehen unter Schwierigkeit, aber mit Erklärungshilfe lösbar, so daß die Klassikertexte heute noch als einigermaßen verständliche Texte durchgehen können. Daraus ergibt sich dann aber auch ein Potential: nämlich herausgefordert zu sein, das eigene Sprach- und Wortwissen zu aktivieren, nachzudenken, eigene Wege zur Klärung zu finden. Das wiederum ist etwas, was Grundlage des Lesenlernens ist, nämlich mit dem jetzigen Sprachwissen Texte erfassen zu wollen, die über dieses Sprachwissen hinausgehen und dann in deren Bewältigung einen Fortschritt im Lesenlernen bewirken. Es ist die “mittlere Schwierigkeit”, die, motiviert durch ein Klärenwollen eines Textinhalts, dieses Lesenlernen anregt. Da die Differenzwörter in den Klassikertexten im Schnitt jedes sechste im fließenden Text ausmachen, ergibt das diese motivierende Mischung

Das Verfahren basiert darauf, Schüler, die einigermaßen neugierig auf einen Text sind, weiterhin damit zu motivieren, daß ein solcher Klassiker-Text als nicht bekannter, vor allem zu schon zu kennender, also als “fremder” Text gekennzeichnet wird und damit die Aufgabe so erscheint, ihn verstehen zu wollen. Zudem wird der Spürsinn geweckt. Dem wird aufgetragen, die Wörter im Text zu benennen, die dem Einzelnen Verstehensschwierigkeiten bereiten. Aus dieser Sammelaktion gehen ganz unterschiedliche Klassen von Schwierigkeitswörter hervor:

  1. Die, die von anderen Schülern erklärt werden können (z.B. weiß einer, daß itzo eine Form von jetzt ist);
  2. Die, die in gemeinsamer Diskussion, unter Anregung des Sprachwissens geklärt werden können (z,B. merkwürdig ‘behaltenswert’, umständlich ‘alles Umstehende erfassend, gründlich’);
  3. Die, die der Lehrer so vorbereiten kann, daß sie erkennbar werden können (z.B. Schönes Fräulein im Faust I mit der Beiziehung zweier Textstellen [v.2604 ff. und 2982 ff] als ‘unverheiratetet Frau von Stand’ und ‘Prostituierte’);
  4. Die, die mit Hilfe eines Wörterbuchs geklärt werden müssen (Beispiele: Entzücken, kurz angebunden).


Die Diskussion, die gemeinsame Arbeit ergibt dann eine gute Bindung an den Text und sein durchgängiges Verstehen, womit auch dann das Unverständliche produktiv aufgelöst und  ein Erkenntnisgewinn eingefahren wurde, der den nächsten schwierigen Text leichter zugänglich macht, also Lesen beflügelt.

Lit.
Ulrich Knoop, Der Schatz der Klassiker (Schweizer MH)
Michael Mühlenhort, Bericht Gossau
Sarah Weiß, wo. Lesen



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